Aktuelles aus der Werkstatt (1.4.2023)
Götter in der Dämmerung
Götter in der Dämmerung
Ich habe noch nie so viele Rückfragen zu Himmelsereignissen erhalten wie zur Konjunktion (enge Stellung zweier Gestirne in einer Linie mit der Erde) von Jupiter und Venus am Abendhimmel des 1./2. März 2023. Tatsächlich war dieses Ereignis viel augenfälliger als die allermeisten Kometen, weil es ohne jedes optische Hilfsmittel in der Dämmerung leicht verfolgt werden konnte. Schließlich begegneten sich hier bei wolkenlosem Himmel die beiden hellsten Nachbarplaneten lediglich etwa im Vollmondabstand. Es war so spektakulär, daß leicht zu verstehen ist, daß unsere Vorfahren derartige Erscheinungen als ein Zeichen der Götter für wichtige irdische Ereignisse ansahen. So wurde die Reise der Weisen aus dem Morgenland zur Geburtsstätte Christi auch mit einer derartigen Planetenkonstellation in Verbindung gebracht. Das war die Zeit, in der die Astronomie hauptsächlich als Grundlage für die Astrologie fungierte. Naturwissenschaftlich hat sich seitdem viel geändert. So wissen wir heute, dass die Erde nicht im Mittelpunkt der Welt steht, sondern dass sie sich wie die anderen Planeten um die Sonne dreht. Damit erklärt sich dann im vorliegenden Fall auch die Bewegung von Jupiter und Venus am Himmel, denn Venus ist auf ihrer der Sonne näheren Bahn schneller als Jupiter auf seiner siebenmal weiteren. Ich habe die günstige Gelegenheit natürlich gerne genutzt, um die Konjunktion an den beiden Tagen im Bild festzuhalten. Hier zunächst eine Übersicht bei kurzer Brennweite mit viel "Landschaft" direkt nach Beginn der Sichtbarkeit am 1. März :
Jupiter & Venus am 1.3.2023 18:40 über der Milseburg
EOSM100 auf Stativ + Canon 85 mm Tele, abgeblendet auf 1:5.6
1 x 1/4 sec ISO200
nachbearbeitet mit Fitswork und Photoshop CC + Plugins
EOSM100 auf Stativ + Canon 85 mm Tele, abgeblendet auf 1:5.6
1 x 1/4 sec ISO200
nachbearbeitet mit Fitswork und Photoshop CC + Plugins
Weil es noch nicht richtig dunkel war, sind außer den beiden Planeten keine weiteren Himmelskörper zu sehen. Durch die bereits auf dem Kameradisplay für brauchbar befundenen Bilder ermutigt, habe ich mit zunehmender Horizontnähe die Fotoobjektive ausgetauscht und eines längerer Brennweite verwendet. Dadurch war natürlich etwas mehr zu erkennen, in diesem Fall nicht nur mehr Details der Baumvegetation, sondern auch die vier größten Jupitermonde Kallisto, Ganymed, Io und Europa (v.l.n.r.), alle etwa vom Kaliber unseres Erdmondes. Außerdem haben es noch drei Fixsterne in das Bild geschafft:
Jupiter mit Monden & Venus 1.3.2023 19:07
EOSM100 auf Stativ + Canon 200 mm Tele 1:2.8
1 x 1/4 sec ISO1600
nachbearbeitet mit Fitswork und Photoshop CC + Plugins
EOSM100 auf Stativ + Canon 200 mm Tele 1:2.8
1 x 1/4 sec ISO1600
nachbearbeitet mit Fitswork und Photoshop CC + Plugins
Das gute Wetter hielt auch bis zum nächsten Tag an. Diesmal wollte ich den 203/400 mm Astrografen mit seiner parallaktischen Montierung einsetzten. Problematisch erschien mir dabei aber die niedrige Höhe der Teleskopöffnung über dem Boden, denn bei der geringen Horizontdistanz der beiden Planetengötter stand dann möglicherweise das Geländer des Pferdepaddocks im Wege. Ohne die Montierung mit ihrem Dreibeinstativ konnte man aber das Fernrohr gar nicht verwenden. So kam ich auf den Gedanken, diese nicht - wie eigentlich für eine genaue Nachführung und das Aufsuchen der Beobachtungsobjekte aus der eingebauten Datenbank erforderlich - von Norden nach Süden auszurichten, sondern von Osten nach Westen. Dadurch entstand m. E. kein wirklicher Verlust, da wegen des Taghimmels eine genaue Initialisierung des Teleskops an Referenzsternen sowieso unmöglich war. Bei der Helligkeit von Jupiter und Venus und der kurzen Fernrohrbrennweite schien das vielmehr sogar unnötig, denn das Teleskopgesichtsfeld war weit genug und die erforderliche Belichtungszeit wegen der Lichtstärke ausgesprochen kurz. Wie das Bild zeigt, hat das funktioniert. Dort sieht man auch, wie Venus nach 24 Stunden Jupiter überholt hat und sich außerdem die Abstände der Jupitermonde untereinander verschoben haben:
Jupiter mit Monden & Venus 2.3.2023 18:43
EOSM100a + 203/400 RASA + Breitbandfilter
1 x 1/15 sec ISO320
nachbearbeitet mit Fitswork und Photoshop CC + Plugins
EOSM100a + 203/400 RASA + Breitbandfilter
1 x 1/15 sec ISO320
nachbearbeitet mit Fitswork und Photoshop CC + Plugins
Konjunktionen heller Planeten sind häufiger als helle Kometen. Manchmal kommt auch die Mondsichel hinzu. Das sind dann schon wirklich lohnende Fotomotive - selbst für Smartphones.