Aktuelles aus der Werkstatt (1.6.2024)
Wenn der Himmel brennt ...
Wenn der Himmel brennt ...
Auf meinem Beobachtungsplan für den Monat Mai stand ganz oben die fotografische Dokumentierung der Entwicklung des Kometen mit dem etwas schwer auszusprechenden Namen "C2023A3 Tsuchinshan-Atlas". Mittlerweile funktionierte auch die Montierung des Astrografen wieder einwandfrei. Wie schon länger gestaltete sich jedoch das Wetter ganz überwiegend nass und stürmisch, und dunkle Nächte gab es jahreszeitlich bedingt nur wenige. Die Hälfte der dann theoretisch noch zur Verfügung stehenden Zeit fiel erfahrungsgemäß störendem Mondlicht und Lichtverschmutzung zum Opfer.
Bei klarem Himmel sollte Tsuchinshan-Atlas am Abend des 9. Mai nach Eintreten der astronomischen Dämmerung gegen Mitternacht für etwa 1 Stunde bis zu seinem Verschwinden hinter den Bäumen für das Teleskop erreichbar sein. Doch bereits nach wenigen kurz belichteten Probeaufnahmen kam von Südwesten her Bewölkung auf. Damit war das Kometenprojekt in dieser Nacht bereits "erledigt". Das Foto der nebenher laufenden Meteorkamera gibt die damalige Situation treffend wieder. C2023A3 muss man sich hier links etwas außerhalb des Bildes vorstellen.
Bei klarem Himmel sollte Tsuchinshan-Atlas am Abend des 9. Mai nach Eintreten der astronomischen Dämmerung gegen Mitternacht für etwa 1 Stunde bis zu seinem Verschwinden hinter den Bäumen für das Teleskop erreichbar sein. Doch bereits nach wenigen kurz belichteten Probeaufnahmen kam von Südwesten her Bewölkung auf. Damit war das Kometenprojekt in dieser Nacht bereits "erledigt". Das Foto der nebenher laufenden Meteorkamera gibt die damalige Situation treffend wieder. C2023A3 muss man sich hier links etwas außerhalb des Bildes vorstellen.
Sternbild "Löwe" mit Sternschnuppe bei aufziehender Bewölkung über der Milseburg 10.5.24 0h08
EOSM100 + Canon-Objektiv 15 mm 1:3.5 1 x 10sec ISO 6400 raw
Vom Gipfel der Milseburg waren gerade die letzten Lichtfrevler verschwunden.
Die Beleuchtung der Wolken kommt vom Autobahnrastplatz an der A7 bei Pilgerzell in 10 km Entfernung.
EOSM100 + Canon-Objektiv 15 mm 1:3.5 1 x 10sec ISO 6400 raw
Vom Gipfel der Milseburg waren gerade die letzten Lichtfrevler verschwunden.
Die Beleuchtung der Wolken kommt vom Autobahnrastplatz an der A7 bei Pilgerzell in 10 km Entfernung.
Am nächsten Abend unternahm ich einen neuen Anlauf. Spätnachmittags erfolgte bereits der Aufbau, nach Einbruch der nautischen Dämmerung die genaue Ausrichtung des Fernrohrs. Tsuchinshan-Atlas war schon zentriert, als ich zufällig zum Nordhimmel schaute. Konsterniert musste ich aus dieser Richtung den Aufzug einer breiten Wolkenfront erleben. Das entsprach nun überhaupt nicht der Wetterprognose. Mehr im Unterbewusstsein registrierte ich zeitgleich, wie in der Dunkelheit eine größere Anzahl Menschen ins Gelände strömte. Was ging hier denn vor? Mein Blick wanderte wieder in Richtung Wolkenbank. Bei genauerem Hinsehen schien mir jetzt, als ob sie leicht rötlich schimmerte ... da fiel endlich der Groschen, und die Fassung kam zurück: Das waren gar keine Wolken, das war Polarlicht, und zwar in einem Umfang, wie ich es bisher noch nicht erlebt hatte! Obwohl auch ich vorgewarnt war, hatten im Gegensatz zu mir viele andere Menschen sehr wohl damit gerechnet. Nordlichtprognosen sind allerdings noch wesentlich unsicherer als Wettervorhersagen. Aber, was sollte ich in dieser Situation jetzt machen? Den Kometen konnte ich vergessen, denn der würde in dem Farbspektakel einfach untergehen. Dann eben Nordlicht! Umgehend eilte ich ins Haus und holte eine passende Kamera samt Stativ. Das Schauspiel konnte in Minuten vorbei sein. Tatsächlich dauerte es aber bis zur Morgendämmerung. Erst auf den Bildern war der brennende Himmel in seiner wahren Farbenpracht zu erkennen, mit dem bloßen Auge blieb er dagegen eher grau.
Der Himmel brennt: Nordlicht am 11.5.24 0h29
Struktur und Farbtöne änderten sich fließend.
EOSM100 + Canon-Objektiv f= 15 mm 1:3.5 t=10sec ISO800 raw
Der Bildausschnitt entspricht etwa dem vorigen.
(mehr und größere Bilder vom Nordlicht hier)
Struktur und Farbtöne änderten sich fließend.
EOSM100 + Canon-Objektiv f= 15 mm 1:3.5 t=10sec ISO800 raw
Der Bildausschnitt entspricht etwa dem vorigen.
(mehr und größere Bilder vom Nordlicht hier)
Zur Erläuterung: Das Polar- oder Nordlicht ist ein Leuchten in der Hochatmosphäre, das nicht nur auf der Erde vorkommt, sondern inzwischen auch bei anderen Planeten unseres Sonnensystems mit eigenem Magnetfeld (Mars, Jupiter) nachgewiesen wurde. Ursächlich ist die Wechselwirkung elektrisch geladener Teilchen, die durch einen Auswurf von Plasma bei heftigen Sonneneruptionen erzeugt werden, mit dem jeweiligen Planetenmagnetfeld. Dieser Massenauswurf braucht bis zur Erde etwa zwei Stunden. Eine genauere Vorhersage der Nordlichterscheinung ist daher nur sehr kurzfristig möglich. Die Elektronen bewegen sich dann längs der Magnetfeldlinien in Richtung auf die Polregionen. Etwas vereinfacht gesagt regen sie hier in einer Höhe von etwa 200 km Sauerstoffatome zu einem roten Leuchten, in etwa 100 km zu einem grünen Leuchten an. Blaue Farben entstehen durch Reaktion mit Stickstoff und sind seltener, weil dazu mehr Energie erforderlich ist. Intensität und Häufigkeit der Polarlichter folgen dem Wechsel der Sonnenaktivität in 11-jährigem Rhythmus, in dem das Auftreten von Sonnenflecken und Eruptionen periodisch variiert. Gegenwärtig befinden wir uns in einem Maximum, dem wir nicht nur Polarlichter in Mitteleuropa verdanken, sondern z. B. auch Störungen im Funkverkehr und bei der GPS-Anwendung.
Bevor es eine naturwissenschaftliche Erklärung des Nordlichtes gab, entwickelten sich ganz unterschiedliche Deutungen: So haben die Eskimos darin Fackeln ihrer Ahnen gesehen, die ihnen die Dunkelheit erhellen wollten; in anderen Kulturkreisen glaubte man, der Himmel brenne, was ich inzwischen gut nachvollziehen kann.
Bevor es eine naturwissenschaftliche Erklärung des Nordlichtes gab, entwickelten sich ganz unterschiedliche Deutungen: So haben die Eskimos darin Fackeln ihrer Ahnen gesehen, die ihnen die Dunkelheit erhellen wollten; in anderen Kulturkreisen glaubte man, der Himmel brenne, was ich inzwischen gut nachvollziehen kann.
Sonnenflecken am 14.5.24 12h53
Wir befinden uns gegenwärtig etwa auf dem Höhepunkt des 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus.
Damit zusammenhängend entstehen meist besonders eindrucksvolle Nordlichterscheinungen.
11" SC-HD f=1600 mm + Sonnenfilterfolie + EOSM100 ISO100 1/2500sec (raw)
Wir befinden uns gegenwärtig etwa auf dem Höhepunkt des 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus.
Damit zusammenhängend entstehen meist besonders eindrucksvolle Nordlichterscheinungen.
11" SC-HD f=1600 mm + Sonnenfilterfolie + EOSM100 ISO100 1/2500sec (raw)
Die Entdeckung der Sonnenflecken gelang 1611 dem Ostfriesen Johann Fabricius (und nicht, wie manchmal noch zu lesen ist, Galilei oder Scheiner). Die Flecken folgen der Sonnenrotation (am Äquator 26 Tage, am Pol 30), verändern dabei ihre Form und Größe, überstehen aber nur selten einen Umlauf. Sie erscheinen uns schwarz, weil ihre Temperatur um bis zu 1500 Grad unter derjenigen der übrigen Sonnenoberfläche (5770 K) liegt. Ursache für diese lokale Abkühlung sind starke Magnetfelder, welche den Wärmetransport aus dem Sonneninnern behindern. Der 11-jährige Sonnenfleckenzyklus spiegelt die Sonnenaktivität und damit die Strahlungsintensität wider. Insgesamt ist die Sonnenaktivität allerdings so stabil, dass es auf der Erde dadurch zu keinen globalen Klimaschwankungen kommt. Die menschlichen Einflüsse sind wesentlich stärker. Wie das sogenannte Maunder-Minimum zwischen 1645 und 1715 zeigt, kann regional allerdings eine Beteiligung nicht ausgeschlossen werden. Das vollständige Fehlen von Sonnenflecken in dieser Zeit wird mitverantwortlich für eine Abkühlung damals gemacht ("Kleine Eiszeit").
Komet C2023A3 Tsuchinshan-Atlas am 12./13.5.24 zwischen 23:36 und 00:50 im Sternbild "Jungfrau" (mag~10.0)
links oben Spiralgalaxie NGC4771 (E~50 Mio LJ) und links unten Spiralgalaxie PGC42470 (E~80 Mio LJ)
203/400 RASA + Schott Breitbandfilter + EOS100Ma 121x30sec raw ISO6400
gestackt mit DSS im Kometenmodus, nachbearbeitet mit PS
links oben Spiralgalaxie NGC4771 (E~50 Mio LJ) und links unten Spiralgalaxie PGC42470 (E~80 Mio LJ)
203/400 RASA + Schott Breitbandfilter + EOS100Ma 121x30sec raw ISO6400
gestackt mit DSS im Kometenmodus, nachbearbeitet mit PS
Wie man sieht, bin ich schließlich doch noch zu einem aktuellen Kometenfoto gekommen. C2023A3 hatte bereits in den vergangenen Wochen zahlreiche Galaxien passiert und uns dabei manch reizvollen teleskopischen Anblick beschert. Im Vergleich zu meinem Foto aus aktuell 5.24 ist der Komet innerhalb 1 Monats etwa eine Größenklasse heller geworden und hat auch seine sichtbare Schweiflänge deutlich vergrößert. Zum Zeitpunkt der Aufnahme betrug die Erdentfernung ungefähr 250 Mio km. Es ist bis zum Perihel im September also noch alles drin, denn dabei kommt Tsuchinshan-Atlas auch der Erde recht nahe. In Anbetracht der für dies Bild zu überwindenden Hindernisse kann ich nur resümieren: Der Umweg hat sich gelohnt!